Film der Woche: „Der Schatten des Kommandanten“ - Mein Auschwitz, dein Auschwitz (2024)

Film der Woche: „Der Schatten des Kommandanten“ - Mein Auschwitz, dein Auschwitz (1)

Maya Lasker-Wallfisch, Kai Höss und Hans Jürgen Höss (v.l.) besuchen gemeinsam die Gedenkstätte Auschwitz / dpa

Im Dokumentarfilm „Der Schatten des Kommandanten“ setzt sich der 87-jährige Hans Jürgen Höss, Sohn des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß, zum ersten Mal mit dem grausamen Vermächtnis seines Vaters auseinander. Regisseurin Daniela Völker gelingt ein innovatives Zeitdokument.

VON URSULA KÄHLER am 12. Juni 2024

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Autoreninfo

Ursula Kähler ist promovierte Filmwissenschaftlerin und arbeitete unter anderem am Deutschen Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main. Sie veröffentlichte „Der Filmproduzent Ludwig Waldleitner“ (2007) und „Franz Schnyder. Regisseur der Nation“ (2020).

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Stolz sitzt der kleine Junge in einem Spielzeugbomber. Auf dem Heck prangt das Hakenkreuz. „Das war meine Stuka“, erinnert sich Hans Jürgen Höss beim Betrachten des Fotos, aufgenommen im Garten seines damaligen Zuhauses. Ein behagliches, großzügiges Anwesen mit genügend Platz für die Familie mit ihren fünf Kindern und das Dienstmädchen. „Ich hatte eine wirklich schöne und idyllische Kindheit in Auschwitz“, so der 87-Jährige. Meistens spielte er mit seiner Schwester Ingebrigitt, genannt „Püppi“, tollte mit den Hunden oder plantschte im Schwimmbecken. Wenn der Vater Zeit hatte, paddelte er mit ihm auf der Sola. Von seiner Arbeit hat er nie erzählt. Das Krematorium hinter der Rasenfläche konnte der kleine Hans Jürgen zwar sehen, doch dabei gedacht habe er sich nichts. Rauch- und Aschewolken habe er nie wahrgenommen.

Hans Jürgen Höss ist der Sohn des Kommandanten des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, Rudolf Höß. Dieser war zwischen 1940 und 1943 zunächst verantwortlich für den Ausbau des Lagerkomplexes und schließlich für die systematische Ermordung von mehr als einer Million Juden. 1947 wurde er zum Tode durch den Strang verurteilt und im ehemaligen Stammlager hingerichtet. In dem Dokumentarfilm „Der Schatten des Kommandanten“ steht das Leben von Rudolf Höß nicht im Zentrum der Handlung. Aber es grundiert sie als ein narratives Epizentrum und wuchert von dort aus subversiv, auf unterschiedlichste Weise in die Biografien nachfolgender Generationen.

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viel Stoff für weitere Filme - Vorschläge

Danke für die Besprechung. Wo kann man den Film sehen? Den Beteiligten, insbesondere Frau Lasker-Wallfisch und Herrn Höss gebührt uneingeschränkt Respekt.
Eine kritische Anmerkung will ich mir nicht verkneifen. Erinnern ist wichtig - ohne Einschränkung! Aber müßten wir nicht AUCH erinnern (z.B.):
* an die vielen, unschuldigen Frauen, die in Hoheneck gequält und deren Gesundheit dort ruiniert wurde?
* an die, denen an der innerdeutschen Grenze in den Rücken geschossen wurde - oft genug von blut-jungen Grenz-Soldaten, die ihren Wehrdienst ableisten mußten?
* an den tapferen und opferreichen Kampf der polnischen 'Heimat-Armee'; deren Offiziere und Kämpfer im Nachkriegspolen von den Stalinisten liquidiert wurden (Witold Pilecki)?
* an die von Marodeuren gequälten und geschändeten Frauen (googlen: z.B. Frankreich+Frauen+Kollaboration).
Zu oft findet in der bunten Republik Erinnerung statt nach dem Motto:
'Opfer sein reicht nicht. - man muß auch von "den Richtigen umgelegt" worden sein!'

Ohhh, Herr Düring> da haben sie einen Wunden Punkt angesprochen

Da werden aber die Orwell-Söldner helhörig, denn solche Wahrheiten sind im momentanen Zeitgeist unerwünscht

Sehr gut beschrieben.
Ich kann mich noch gut an die 10 Wochen Arbeit anläßlich eines Projektes in Israel erinnern.
Ein europäischer Jude (Ilan), er wuchs in Österreich bei seiner Großmutter auf, die Eltern waren umgekommen, und ein arabischer Jude (Amatio), der sich als sogenannter Sabra (engl. Feigenfrucht) von den europäischen Einwanderern abgrenzte, beide wurden mir zur Seite gestellt, um sie in die Funktion der Anlage einzuweisen und für die spätere Übernahme zu trainieren.
Ilan eher befangen und zurückhaltend, während Amatio ganz offen und freundschaftlich war.
Der ganze Betrieb war von europäischen Juden dominiert, für die Hilfsarbeiten waren Araber (Palis) eingesetzt.
Ich mußte keine Anfeindungen oder Vorwürfe damals erleben.
Ein deutscher Kollege allerdings, der sich mit einer Jüdin angefreundet hatte, wurde vom Vater mit einem Faustschlag niedergestreckt.
Die NS-Zeit mit ihren unmenschlichen Auswüchsen wird uns als Kainsmal auf ewig verhaftet bleiben. Aussöhnung kann helfen!

Ich kann es nicht mehr hören und sehen

Der wievielte Film, Doku oder Biografie denn noch? Was glauben die Filmemacher, denn beim Publikum zu erzeugen, das mit dieser Zeit nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun hat. Für die Menschen heute sind das grausame Horrorfilme. Niemand fühlt sich da persönlich angesprochen. Warum auch. Selbst wenn man gerne Sippenhaft erzeugen will. Die Generationen danach haben andere Sorgen, leben in einen anderen Welt. Wer sich für das Thema echt interessiert hat genügend Möglichkeiten sich zu informieren. Diese Grausamkeiten, Perversionen, dieses unmenschliche Handeln immer wieder "neu" noch "besser" darstellen zu wollen ist einfach nur krank, auch wenn Zeitzeugen Pate stehen. Diese Form der Instrumentalisierung lehne ich Grund weg ab. Ich habe mich nie schuldig gemacht, hänge solchen Gewaltfantasien nicht nach und brauche diese Filme auch nicht. Was ich über diese Zeit weiß ist schlimm genug.

Zustimmung....

....werter Herr Konrad. Sehe ich genauso.
Sippenhaft gibt es nicht oder sind da nur die Deutschen ausgenommen?

Sippenhaft

Liebe Frau Hein,
dieser Film und die zugrunde liegende Thematik hat mit Sippenhaft nichts zu tun. Der Film zeigt auf, wie stark sich die Erfahrungen durch ein totalitäres und mörderisches Regime auf nachfolgende Generationen auswirken; und zwar auf die Nachkommen von Opfern UND Tätern, psychologisch sehr interessant.

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